„Auch wir treten aus unserer Rolle heraus“: Das Deutsche Schauspieltheater in der Sowjetunion zwischen Bleiben und Gehen
Eine Webdokumentation von Alexej Getmann, Edwin Warkentin und Arkadiy Tsirulnikov
Mit dem Satz „Wir treten aus unserer Rolle heraus“ begann die Resolution der ostdeutschen Theater, in der 1989 politische Reformen eingefordert wurden. Im Herbst 1990 gastierte das Deutsche Schauspieltheater Temirtau mit den Stücken AUF DEN WOGEN DER JAHRHUNDERTE und MENSCHEN UND SCHICKSALE in der noch-DDR. Mit diesen Dramen wurde zum ersten Mal öffentlich die Auswirkungen der stalinistischen Terrorherrschaft auf die deutsche Minderheit thematisiert, was einem unerhörten Tabubruch im damaligen System nahekam. Dabei sollte das Minderheitentheater ursprünglich nach Vorstellungen der Kulturbehörden die Sowjetdeutschen auf den ideologische Kurs der Partei bringen. Zusammen mit ihren ostdeutschen KollegInnen erlebten die russlanddeutschen SchauspielerInnen hoffnungsvoll und euphorisiert hautnah die Wiedervereinigung. Aber nur fünf Jahre später verließen die letzten TheatermacherInnen ihrem Publikum folgend ihre Heimat, um sich als Aussiedler im vereinigten Deutschland dauerhaft niedergelassen.
In der Webdokumentation werden Stationen dieser einzigartigen Institution entlang der politischen Entwicklungen in der Sowjetunion und speziell um die Russlanddeutschen in der Zeit zwischen 1975 und 1990 nachgezeichnet. Die Themen und Anliegen der 1980 in der Kasachischen Steppe gegründeten einzigen professionellen deutschsprachigen Bühne der späten Sowjetunion bewegten sich auf und neben der Bühne zwischen Anpassung an die Realien der reaktionären Zeit der späten 1970er und Anfang 1980er Jahre, aktiver Mitwirkung an gesellschaftlichen Reformprozessen der kurzen Demokratisierungsperiode 1985-1990, bis zur Resignation an den postsowjetischen Krisen, nicht eingehaltenen Versprechen der Behörden und dem Massenexodus der Russlanddeutschen nach Deutschland.
Unter Mitwirkung von Dr. Alfred Eisfeld, Jan Pöhlking, Charlotte Warkentin